„Ceramiste par passion“ oder „Wie kam ich zur Kristallglasur?“
(Aus dem Buch Schöne Dinge… unterwegs, Band 5 von Weißflog, Uwe, ISBN 978-3-9823073-0-5)

Seit ich denken kann, habe ich eine Vorliebe für das Spiel des Lichtes in Kristallen, in Schnee, Eis und geschliffenen Edelsteinen, sowie für altes Porzellan. Bei einem zufälligen Besuch in der Porzellan-Manufaktur Fürstenberg sah ich in der Museumsausstellung zum ersten Mal Kristallglasuren auf Porzellan aus der Zeit um 1900 und aus der Neuauflage um 2010. Ich war fasziniert, begeistert und hatte sofort das Gefühl: „Das will ich auch herstellen können.“ Diese wunderbaren Kristalle und ihre Ausstrahlung, diese Formen und Farben haben mich gebannt und nicht mehr losgelassen.
Da ich noch nie mit Keramik- oder Porzellanherstellung zu tun gehabt hatte, recherchierte ich, kaufte Bücher über Glasuren und las viel. Ich begeisterte mich immer mehr, zunächst theoretisch und wurde wegen meiner Absichten öfter belächelt.
Dann kam der praktische Teil. Nachdem ich einer Keramikmeisterin von meinen Ideen erzählte, riet sie mir, erst einmal mit Ton zu arbeiten und Glasuren auszuprobieren.
Gesagt, getan!
Ich besuchte Workshops und Kurse, lieh mir eine Drehscheibe, probierte verschiedene Tone und Porzellane. Dann machte ich einen Umweg über die Raku-Technik, um Erfahrungen in der Handhabung der Werkstoffe und der Glasurherstellung zu sammeln. Nach 4 Jahren des Weiterbildens und der Einrichtung einer Kleinen Werkstatt mit Hilfe meines lieben Gatten, erfolgte dann der erste Kristallbrand in einem eigens dafür angeschafften Ofen mit dicker Wandung. Und … Anfängerglück: sehr schöne Ergebnisse!
Töpfertanz und Riesenfreude nach dem Aushalten der Spannung während der zweitägigen Abkühlphase, bis ich den Ofen endlich aufmachen konnte. In meiner Naivität dachte ich:

„Das klappt jetzt immer so!“.
Die weitere Entwicklung war zunächst ernüchternd, da es mir wegen mangelnder Dokumentation und Erfahrung nicht gelang, den Erfolg vom ersten Brand zu wiederholen.
Also musste ich zunächst ein Dokumentations- und Testsystem entwickeln, das mir ermöglichte, die Wiederholung eines Brennablaufes, die benutzten Materialien, die Glasurbestandteile und die Positionen im Ofen nachzuvollziehen und die Ergebnisse den dokumentierten Abläufen zuzuordnen. Wie wichtig jeder Arbeitsschritt für den Erfolg des Ganzen ist, lernte ich mit der Zeit Nach weiteren 2 Jahren mit einigen technischen Schwierigkeiten und vielen Gesprächen mit Keramikern, gelang es mir, zuverlässig Kristalle auf verschiedenen Porzellanen und Tonen herzustellen Die Schwierigkeiten bestehen darin, dass die unterschiedlichen Zusammensetzungen der Trägermaterialien Auswirkungen auf die Ausbildung der Kristalle in der Glasur haben. Ebenso erzeugt eine Kristallglasur auf einer runden Porzellanform andere Kristalle, als auf der gleichen Form in Keramik und nochmals andere auf einer ebenen oder senkrechten, glatten Fläche.
Für die Herstellung farbiger Glasuren braucht man Metall-Oxide und deren Mischungen in verschiedenen Verhältnissen und Kombinationen: Um beispielsweise die Farbmischungen von 5 Oxiden untereinander, jeweils zu gleichen Teilen, herstellen zu können, benötigt man 21 Probeplättchen pro Trägermaterial. So können die Ergebnisse der jeweils entstandenen Mischungen auf unterschiedlichen Materialien getestet werden. Also muss man viele Plättchen machen und diese gut beschriften, damit man das Ergebnis einem Brand und einer Mischung zuordnen kann. Dies ist Voraussetzung für die Reproduktion von Farben.
Die entstehenden Farben und Kristallbildungen hängen jedoch nicht allein vom Mischungsverhältnis der Oxide zur Farbherstellung ab, sondern auch vom Untergrund, der Temperatur, der Abkühlungszeit und auch der handwerklichen Variabilität. Durch diese unterschiedlichen Einflüsse entstehen schier unendliche Möglichkeiten.
Da man niemals exakt die gleichen Bedingungen erzeugen kann, ist es kaum möglich, zwei vollständig gleiche Objekt zu realisieren – ähnlich ja, aber nie gleich. So ist jedes Objekt ein Unikat! Die Vielzahl der Gestaltungsmöglichkeiten bringt mich auf immer neue Ideen. Beispielsweise gestalte ich mit Kristallglasuren abstrakte Bilder, Schmuck- und Alltagsgegenstände.
Mein Ziel ist es, Objekte zu kreieren, die Begeisterung für Farbe und Form der Kristalle wecken, die Fantasie anregen und die einen erfreulichen Blickfang im Alltag darstellen. So entstand zunächst die Idee der großen und kleinen Säulen- oder Gärtner*innenvasen für abgebrochene Blüten und Blätter aus dem Garten. Auch die Kugeln sind beispielsweise als inverse Vasen nutzbar.
Für die Betrachtung braucht es schließlich Licht, das die Vielschichtigkeit und die Tiefe der Kristalle hervorhebt, sowie die Bewegung des Betrachters, der aus unterschiedlichen Standpunkten jeweils andere Gebilde oder Lichtreflexe entdecken kann.